[WestG] [LIT] Kenkmann, Alfons / Spieker Christoph / Walter, Bernd (Hg.): Wiedergutmachung als Auftrag

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Do Mai 3 11:27:54 CEST 2007


Von: "Thomas Kleinknecht" <KleinknechtT at stadt-muenster.de>
Datum: 02.05.2007, 13:54


LITERATUR

Kenkmann, Alfons / Spieker Christoph / Walter, Bernd (Hg.): 
Wiedergutmachung als Auftrag. Begleitband zur gleichnamigen 
Dauerausstellung - Geschichtsort Villa ten Hompel (Schriften 
Villa ten Hompel, Band 7), Essen 2007, 384 Seiten
ISBN/ISSN 3-89861-580-4, Hardcover EUR 24,80


"Wiedergutmachung" im Geschichtsort Villa ten Hompel, Münster 

Von 1954 bis 1968 beherbergte der heutige Geschichtsort Villa 
ten Hompel in Münster das Dezernat für Wiedergutmachung der 
münsterischen Bezirksregierung, das über die 
Entschädigungsanträge von ehemals nationalsozialistisch 
Verfolgten entschied.

Zuvor, in der Zeit des "Dritten Reiches", war das Gebäude durch 
eine Dienststelle der nationalsozialistischen Ordnungspolizei 
genutzt worden. Sie organisierte die Verfolgung von Juden, Sinti,
Roma oder politisch und religiös Verfolgten. Gleichsam 
gegenläufig dazu vollzog sich nach dem Krieg die Arbeit der 
Wiedergutmachungsstelle.

Die Rückerstattung von geraubtem Eigentum, internationale 
Entschädigungsabkommen mit Staaten und Organisationen und offene 
Fragen der deutschen "Wiedergutmachungspolitik" werden in diesem 
Band ebenso behandelt wie der gesellschaftliche Umgang und die 
Konfrontation mit der leidvollen NS-Vergangenheit sowie mit den 
unterschiedlichen Verfolgtengruppen.

Der Katalogband verfolgt eine doppelte Aufgabenstellung, er soll 
den Spagat leisten zwischen detaillierter Einzelforschung, 
speziell aus der westfälischen Regionalgeschichte - etwa zu 
Wiedergutmachungsfällen aus dem Regierungsbezirk Arnsberg -, und 
deren Einbettung in allgemein-politische Zusammenhänge. Der 
Vermittlung dieser beiden Aspekte dienen nicht zuletzt zwei 
begriffsgeschichtlich angelegte Beiträge aus der Feder namhafter 
Experten, nämlich: "Wiedergutmachung - Ein Grundbegriff des 
deutschen Politikdiskurses von der Nachkriegszeit bis heute" 
(Constantin Goschler) sowie: "'Wieder-gut-machung' als Beitrag 
zur deutschen Erinnerungskultur" Umsetzung (Lutz Niethammer). 

Beide Beiträge, jeweils zu Beginn und am Schluss des Bandes 
platziert, repräsentieren die allgemeine Strukturgeschichte und 
geben den zehn exemplarischen Einzelforschungen einen 
verlässlichen Deutungsrahmen. Die beiden hauptverantwortlichen 
Ausstellungsmacher, Julia Volmer-Naumann und Marc von Miquel, 
geben überdies dem Leser Einblick in ihre Überlegungen zum Ziel 
der Ausstellung, nämlich wie persönliche Verfolgtenberichte in 
einen sprechenden Zusammenhang mit dem bürokratischen Prozess 
"Rückerstattung" und "Entschädigung" gebracht worden sind. Der 
spezifische Charakter des Begleitbandes zur - inzwischen zweiten 
- Dauerausstellung im Geschichtsort Villa ten Hompel ist zu 
fassen in dem Beitrag von Norbert Nowotsch, worin er die 
strengen, also keineswegs beliebigen methodischen 
Design-Maßstäbe einer medial inszenierten Geschichtserzählung 
über das vielschichtige Thema "Wiedergutmachung" en detail 
begründet.


Inhalt:

Armin Laschet, Minister für Generationen, Familien, Frauen und 
Integration NRW :
Geleitwort

Alfons Kenkmann, Christoph Spieker, Bernd Walter:
Vorwort der Herausgeber

Marc von Miquel / Julia Volmer-Naumann:
"Wiedergutmachung als Auftrag": Eine Einführung in die Ausstellung

Norbert Nowotsch:
Die Ungleichheit von Inhalt und Form - zum Gestaltungskonzept der 
Ausstellung

Constantin Goschler:
Wiedergutmachung. Ein Grundbegriff des deutschen Politikdiskurses 
von der Nachkriegszeit bis heute

Jürgen Lillteicher:
Westdeutschland und die Wiedergutmachung nationalsozialistischer
Enteignungsmaßnahmen. Die Rückerstattung jüdischen Eigentums 
durch den Fiskus zwischen Rechtstaatlichkeit und 
Verfolgungserfahrung 1947-1964

Karin Berz:
"Deutsch bleibt, was deutsch war!" Niederländische 
Gebietsforderungen und deutsche Reaktionen nach dem 
Zweiten Weltkrieg

Marlene Klatt:
Die Wiedergutmachungsrealität aus Sicht der jüdischen Verfolgten - 
Ein Beitrag zum Klima der Wiedergutmachung in der frühen 
Bundesrepublik

Gerhard Fürmetz:
Ein Fall für den Staatskommissar. Philipp Auerbach und die frühe 
Praxis der Wiedergutmachung in Bayern

Jens Hoppe:
Zwischen Maßnahmen zur Versorgung von Überlebenden der 
Shoah und Lobby-Arbeit im Bundestag. Die Tätigkeit der Claims 
Conference zwischen 1952 und 1965

Till Kössler:
Kommunistische Verfolgungserfahrung. Die Vereinigung der 
Verfolgten des Naziregimes (VVN) und die Frage der 
Wiedergutmachung

Julia Volmer-Naumann:
Ravensbrück 'wieder gut gemacht'? Entschädigung verfolgter 
Frauen aus dem Münsterland

Susanne Muhle:
"Und das werde ich ein Leben lang nicht vergessen." - Ein 
Rückerstattungsfall aus Münster

Katja Neppert:
Die Kontinuität der Ausgrenzung - NS-Zwangssterilisierte und 
ihr Kampf um Entschädigung

Christoph Spieker:
Konfrontationen mit der Schuld. Der bewusste Einsatz von 
Bildern beim Umgang mit der nationalsozialistischen 
Vergangenheit

Lutz Niethammer:
"Wieder-gut-machung" als Beitrag zur deutschen Erinnerungskultur