[WestG] [AKT] LWL-Medienzentrum sucht nach verschollenen Bethel-Filmen

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Mo Apr 16 10:11:59 CEST 2007


Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 13.04.2007, 12:41


AKTUELL

Auf den Spuren Vater Bodelschwinghs - 
LWL-Medienzentrum sucht nach verschollenen Bethel-Filmen

In Zusammenarbeit mit den von Bodelschwinghschen Anstalten in 
Bethel plant der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eine 
DVD-Edition von drei Werbefilmen, die in den 1930er Jahren für 
diese größte diakonische Einrichtung Westfalens entstanden sind. 
Dazu sucht das LWL-Medienzentrum für Westfalen nach 
Originalrollen der Bethel-Filme aus den 1930er Jahren, da sie 
auch den Umgang mit dem sensiblen Thema "Rassenhygiene und 
Verhütung erbkranken Nachwuchses" in der NS-Zeit dokumentieren. 
Nach 1945 wurden diese Sequenzen im Zuge der Entnazifizierung 
herausgeschnitten.

"Die einzigartigen Filme zeigen die diakonische Arbeit in Bethel 
und die Pflege von Menschen mit Behinderung vor mehr als siebzig 
Jahren", so Kerstin Stockhecke, Leiterin des Hauptarchivs 
Bethel. Die überlieferten Stummfilmaufnahmen seien visuelle 
Quellen zur Geschichte der protestantischen Wohlfahrtspflege und 
ihrer Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit. Zugleich zeige 
ihre Entstehungsgeschichte das Dilemma der 
kirchlich-diakonischen Werbearbeit während der Zeit des 
Nationalsozialismus.

Zwar konnte die Filmstelle der von Bodelschwinghschen Anstalten 
nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ihre Filmarbeit 
fortführen, doch war dies nur unter sehr rigiden Vorgaben 
möglich: Nach dem ersten Spielfilm "In den Spuren Vater 
Bodelschwinghs", der 1931 zum 100.Geburtstag Friedrich von 
Bodelschwinghs entstand, wurden noch die beiden Spielfilme 
"Ringende Menschen" (1933) - ein Drama um das Schicksal einer 
Epileptikerfamilie, die in Bethel Hilfe sucht- und "Saat und 
Segen in der Arbeit von Bethel" (1937) produziert. Vor allem der 
letzte Film "Saat und Segen in der Arbeit von Bethel", der die 
Betreuung und Pflege von Epilepsiekranken in Bethel thematisiert,
entstand in enger Zusammenarbeit mit dem 
NS-Propagandaministerium in Berlin.

In einem Einführungsfilm der DVD-Edition, der eine Collage aus 
diesen drei Bethel-Filmen bilden wird, sollen die Themen und 
Inhalte der Filme diskutiert und in ihren historischen 
Zusammenhang eingeordnet werden. Ob und, wenn ja, auf welche 
Weise sich die Betheler Filmstelle mit den Werbefilmen den 
nationalsozialistischen Ideologien angepasst hat, wird in diesem 
Film zu klären sein.

Trotz intensiver Recherchen in Film- und Kirchenarchiven sind 
bisher nur unvollständige Kopien der drei Bethel-Filme 
überliefert, da sie nach 1945 um diejenigen Inhalte gekürzt 
worden sind, die in der Zeit des Nationalsozialismus Bedingung 
für eine Veröffentlichung waren. "Das ist vor allem bei dem Film 
'Saat und Segen in der Arbeit von Bethel' für den historischen 
Wert der Quelle bedauerlich, da er um den brisanten Teil gekürzt 
wurde, der die geltenden 'rassenhygienischen' Vorstellungen 
zeigte. Wann genau diese veränderten Kopien entstanden sind, 
lässt sich leider nicht nachvollziehen. Sicher ist nur, dass der 
Film ab 1950 in dieser 'entnazifizierten' Version wieder gezeigt 
wurde", so Gesa Kok vom LWL-Landesmedienzentrum für Westfalen.

Das LWL-Medienzentrum und das Hauptarchiv der von 
Bodelschwinghschen Anstalten rufen daher dazu auf, in 
Gemeindearchiven und privaten Nachlässen nach weiteren Kopien 
der Filme zu stöbern und sich zu melden. "Vielleicht ist der 
Film ja in irgendeiner Gemeinde, in der er vorgeführt wurde, 
noch vorhanden und wartet darauf, entstaubt zu werden. So 
könnten die Filme über die diakonische Einrichtung Bethel 
bewahrt worden sein und nun wieder einer breiten Öffentlichkeit 
zugänglich gemacht werden", hofft Kok. Die LWL-Filmexpertin 
steht unter Telefon 0521 591-3913 als Ansprechpartnerin zur 
Verfügung.