[WestG] [AKT] Denkmal des Monats: Schmiedeeisernes Gitter kehrt nach Bad Driburg zurueck
Alexander Schmidt
Alexander.Schmidt at lwl.org
Fre Mar 17 11:14:30 CET 2006
Von: "LWL-Pressestelle" <presse at lwl.org>
Datum: 16.03.2006, 14:48
AKTUELL
Denkmal des Monats:
Eines der ältesten schmiedeeisernen Gitter Deutschlands kehrt
nach Bad Driburg zurück
Über ein Jahr mussten die Gläubigen und Besucher der katholischen
Pfarrkirche St. Saturnina in Bad Driburg-Neuenheerse (Kreis Höxter)
auf eines der bedeutendsten Inventarstücke des Gotteshauses
verzichten. Nachdem es zunächst sorgfältig restauriert und anschließend
in der Ausstellung "Krone und Schleier - Kunst aus mittelalterlichen
Frauenklöstern" in Essen zu sehen war, fand jetzt das zweiflügelige
schmiedeeiserne Gittertor wieder seinen Platz in der ehemaligen
Damenstiftskirche. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)
hat das seltene Zeugnis mittelalterlicher Schmiedekunst, das rund
800 Jahre alt ist, zum Denkmal des Monats März erklärt.
"Bei den beiden Flügeln des Gitters handelt es sich offenbar um Reste
einer Chorschranke, die den Chorraum der mittelalterlichen Kirche
gegen das Hauptschiff abgrenzte. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts
funktionierte man Teile dieser Schranke zu dem heutigen Gittertor um,
das seitdem bis 1953 den barocken Treppenaufgang zum Chor flankierte",
fasst LWL-Denkmalpfleger Dr. Dirk Strohmann die Geschichte des eisernen
Denkmals zusammen.
Jeder Flügel besteht aus geschmiedeten, zu einem rechteckigen
Rahmen gefügten Eisen. In diesen Rahmen sind in regelmäßigen
Abständen vertikale Flacheisen eingestellt. Ein weiteres Flacheisen
sorgt für die horizontale Aufteilung im unteren Drittel. Den Raum
füllen gebogene, bügelartige Eisenbänder, die in stilisierten Lilien,
Rosetten, Trauben und Blättern enden. Ursprünglich mischten sich
auch vereinzelte, später nach und nach herausgebrochene Vögel
unter das filigrane pflanzliche Dekor, das den Gittern den Eindruck
einer lebendigen Hecke verleiht. Bei der Restaurierung festgestellte
Farbreste deuten darauf hin, dass dieser Eindruck ursprünglich durch
entsprechende naturalistische Farben der Dekorelemente bestärkt
wurde.
"In Westfalen ist das Gitter einzigartig, vergleichbare Gitterflügel gibt es
nur im niedersächsischen Hildesheim und Lüneburg. Bisher nahm man an,
dass alle drei Gitter um 1400 entstanden sind, jüngere Forschungen
gehen aber aus formalen und stilistischen Gründen davon aus, dass die
Gitter 200 Jahre älter sind. Um 1200 sind auch die englischen und
französischen Vorbilder für diese Schmiedewerke entstanden", so
Strohmann.
Die Restaurierung der Gitterflügel beschränkte sich auf die Trockenreinigung
der Oberfläche, die Bekämpfung von Korrosionserscheinungen und die
Retusche von Fehlstellen im Farbton des letzten Anstrichs. Im unteren
Bereich der Gitter wurden die Fehlstellen bewusst belassen, um den
authentischen Charakter des gealterten Originals so weit wie möglich zu
bewahren. Die gefundenen Farbreste reichten nicht aus, die älteren Farben
zu rekonstruieren.
Nach seiner Rückkehr hat das Gitter einen neuen Platz vor der Taufkapelle
bekommen. "Hier wird das Gitter viel weniger bewegt und ist durch eine
Absperrung vor allzu neugierigem Zugriff geschützt, so dass es besser
erhalten werden kann. Außerdem kann man hier die ursprüngliche Funktion
als durchsichtigen Raumabschluss viel besser nachvollziehen, und das Gitter
hat an dieser exponierten Stelle in der Kirche einen angemessenen Platz
gefunden, der ihm als einzigartigem mittelalterlichem Kunstwerk zukommt",
so Strohmann.