[WestG] [LIT] Delphine Prade: Das Reismann-Gymnasium im Dritten Reich

Alexander Schmidt Alexander.Schmidt at lwl.org
Fre Dez 2 11:57:50 CET 2005


Von: "Barbara Stenger" <barbara.stenger at web.de>
Datum: 30.11.2005, 11:04


LITERATUR

Delphine Prade: Das Reismann-Gymnasium im Dritten Reich. 
Nationalsozialistische Erziehungspolitik an einer Paderborner 
Oberschule. 
(PBG 14) 2005. 214 S., mit vielen Abb. u. Photos, br., EUR 19,80, 
<ISBN 3 89498 155-5>

Wie sah der Schulalltag zur Zeit des Nationalsozialismus aus? 
Darüber gibt es bisher noch nicht viele Untersuchungen.

Die nun vorliegende Studie stellt exemplarisch dar, wie die 
nationalsozialistischen Vorstellungen über Funktion und Struktur 
des Erziehungswesens an der Paderborner Oberschule  für 
Jungen (Reismann-Gymnasium) Eingang gefunden haben. Es 
ging der französischen Autorin um die möglichst genaue Darstellung 
des Nebeneinanders der theoretischen Unterrichtskonzeption und 
der Unterrichtswirklichkeit, was sie mit Hilfe umfangreicher 
Archivarbeit und der Befragung von Zeitzeugen zu klären sucht. 

In einem knapp gehaltenen Abriß skizziert die Verfasserin zunächst
die historische Entwicklung des Paderborner Schulwesens und der 
Reismannschule, die bis 1937 weiterhin als neunstufige Oberrealschule, 
seitdem bis zum Kriegsende als achtstufige "Städtische Oberrealschule 
für Jungen" bestand. Sodann sind die Anfänge der nationalsozialistischen 
Herrschaft über die Stadt, d.h. die sogenannte Machtergreifung und 
die "Gleichschaltung" des Schulwesens, vor dem Hintergrund der 
politischen, ökonomischen und sozialen Situation der Kommune seit dem 
Beginn der Weimarer Republik dargestellt. Im weiteren behandelt Frau 
Prade die Themen  "Säuberung" an der Oberrealschule unter den 
Lehrern und den Schülern, Vermittlung der NS-Ideologie im NS-Schulsystem, 
Jugendleben zur Zeit des Nationalsozialismus, Krieg und Auflösung des
"normalen" Schullebens.

Als Quellenmaterial standen der Autorin insbesondere die Akten des 
früheren Münsterschen Provinzialschulkollegiums im Staatsarchiv  
Münster, Kopien der Jahresberichte der damaligen Schulleiter an die 
Schulbehörde und die Originalabiturarbeiten, die von der Schule dem 
Paderborner Stadtarchiv übergeben worden sind, sowie Zeitungsartikel 
zur Verfügung. Eine ergiebige, aber wissenschaftlich sorgfältig 
abzuwägende mündliche Quelle war eine gründliche Zeitzeugenbefragung 
ehemaliger Schüler. Diese Zeitzeugenbefragung war von Mitgliedern 
eines Geschichtskursus des Reismann-Gymnasiums unter Leitung von  
Dr. Friedhelm Golücke 1997 durchgeführt worden.

Die deutschsprachige Untersuchung wurde als Staatsarbeit an der 
Université Paul Valéry in Montpellier angenommen.

Die Veröffentlichung wurde betreut von dem Historiker Klaus Hohmann 
und herausgegeben von dem Verein für Geschichte an der Universität 
Paderborn VfG.

Sie ist in der VfG-Schriftenreihe "Paderborner Beiträge zur Geschichte" 
PBG erschienen  und ab sofort zum Preis von EUR 19,80 im Buchhandel 
erhältlich.