[WestG] [LIT] Flurnamenatlas erschienen

Marcus Weidner Marcus.Weidner at lwl.org
Die Mar 23 17:52:44 CET 2004


Von: "LWL-Pressestelle", <presse at lwl.org> 
Datum: 23.03.2004, 15:20


LITERATUR

Warum kann der 'Knick' ein schnurgerades Stück Land sein?
Der Flurnamenatlas erklärt Bezeichnungen für Wege, Wald und Wiesen

Warum heißen schnurgerade ostwestfälische Flurstücke "Knick"
und liegen unter südwestfälischen Hügeln, in deren Namen der Begriff "Knochen" vorkommt
etwa menschliche oder tierische Überreste begraben? Antworten auf diese Fragen gibt der
"Westfälische Flurnamenatlas", dessen dritte Lieferung der Landschaftsverband
Westfalen-Lippe (LWL) jetzt herausgegeben hat. Der Atlas zeigt anhand von vielen Karten
nicht nur, wo welche Flurnamen verbreitet sind. "In ausführlichen Kommentaren erklären wir
auch, welchen Ursprung und welche Bedeutung die einzelnen Namen haben", so Autor Dr. Gunter
Müller von der Kommission für Mundart- und Namenforschung beim LWL. Im Abschnitt über den
"Knick" erfährt man beispielsweise, dass dieser Begriff in ostwestfälischen Mundarten für
Hecke steht. "Knick" als Flurname steht also nicht für ein krummes Feld, sondern für ein Stück
Land, das von einer Hecke abgegrenzt wird. Und mit "Knochen" ist keineswegs ein Festfressen
für den Hund, sondern ein Berg gemeint - wie übrigens auch mit den Begriffen "Nocken" oder
"Nöckel".

Diese Worte sind mit dem Knochen, den man dem Hund vorwirft, nicht unmittelbar
verwandt, wohl aber mit der "Nockenwelle" oder dem österreichischen "Nockerl" (kleiner
länglicher Kloß). Was aber sind überhaupt Flurnamen? "Darunter verstehen wir Namen für
Äcker, Wiesen, Wälder, Hü-gel, Täler, Quellen, Bäche, Flüsse, Seen, aber auch für Wege,
Ruinen, Wegkreuze und sogar für be-sonders auffällige Bäume oder Steine", erklärt Prof. Dr.
Jürgen Macha, Vorsitzender der LWL-Kommission. Bei ihrer Arbeit am Flurnamenatlas haben
sich die Mundart- und Namenforscher in erster Linie auf rund 170 Jahre alte Daten des
Preußischen Grundsteuerkatasters verlassen. "Denn dieses Urkataster zeichnet noch das
alte Bild der westfälischen Landschaft und seiner ursprünglichen Namen. Danach haben
landwirtschaftliche Veränderungen, die Industrialisierung und die Ausweitung der Städte
große Teile der Landschaft und damit auch ihres Namenschatzes völlig verändert", erklärt
Prof. Dr. Hans Taubken, Geschäftsführer der LWL-Kommission, warum der Atlas auf so alten
Daten aufbaut. Die dritte Lieferung der Flurnamenatlasses beschäftigt sich vor allem mit
Namen für Bereiche, die erst spät intensiv landwirtschaftlich genutzt wurden.

Deshalb heißen sie etwa "Neuland", "Zuschlag", "Teil" oder "Pand". Ein weiterer Schwerpunkt sind
Namen für Straßen, (Vieh-) Wege oder Brücken, die zum Beispiel "Pfad", "Stiege", "Twiete",
"Trift" oder "Schemm" heißen oder für Hecken, die nicht nur "Knick", sondern auch "Rick" und
"Wall" genannt werden. Geländeformen heißen etwa "Timpen", "Horn", "Gehre" oder
"Striepen". Der erste Teil des "Westfälischen Flurnamenatlasses" erschien im Jahr 2000. Er
enthält neben einer Einleitung und einem Literaturverzeichnis vor allem Karten und
Kommentare zu Flurnamen für Ackerland.

Schwerpunkt der 2001 erschienen zweiten Lieferung waren Bezeichnungen für Gemeinschaftsland,
für Grünland und für das hofnahe Gelände. Die vierte Lieferung wird sich mit Berg- und
Hügelnamen beschäftigen, die auch schon in der dritten Lieferung eine Rolle spielen. Im Mittelpunkt 
der fünften und letzten Lieferung werden Flurnamen für Feuchtigkeitsgebiete und Wälder stehen.

Westfälischer Flurnamenatlas
Im Auftrag der Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens
bearbeitet von Gunter Müller, Lieferung 3,
Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld,
Großformat DIN A 3,
132 Seiten, 78 zweifarbige Karten,
ISBN 3-89534-513-X,
49 Euro